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11. Januar 2013

TURHAN BEY: EIN PORTRAIT

Turhan Bey wurde am 30.3.1922 in Wien geboren. Sein Vater war türkischer Diplomat, die Mutter Jüdin aus der damaligen Tschechoslowakei. Er wuchs in einem begüterten Milieu auf, doch das sorgenfreie Leben in dem großen Hietzinger Haus in der Kuppelwiesergasse fand mit dem Einmarsch der Nazis ein jähes Ende.

Turhan Beys Mutter sah die jubelnden Menschen am Heldenplatz und wusste, dass sie dieses Land verlassen mussten. Sie emigrierten über die Schweiz und Paris in die USA: Ein Onkel arbeitet als Mathematiker für Albert Einstein und bei ihm in Princeton lässt sich die Familie vorübergehend nieder. Man war bei Einstein öfter zum Tee geladen – der Onkel plant für seinen Neffen eine mathematische Karriere. Der wiederum verspürt dazu aber nicht die geringste Lust; er lockt seine Mutter mit der Aussicht auf ein mildes Klima ins sonnige Kalifornien.

In Beverly Hills wird ein Haus gemietet und Turhan Bey besucht die Drama-School von Ben Bard, um sein Englisch zu vervollkommnen. Bei einer Schüleraufführung wird er von Talentsuchern der Warner Brothers entdeckt und sofort engagiert. Der Film heißt Footsteps in the dark und sein Partner Errol Flynn: Turhan Beys Filmkarriere hat begonnen. So leicht ihm der Einstieg in dieses schwierige Geschäft gemacht wurde, so selbstverständlich ging seine Karriere weiter. Er spielte europäische Adelige, geheimnisvolle Orientalen, Agenten etc. Die Universal Studios nahmen ihn unter Vertrag und seine Partner waren Berühmtheiten wie Boris Karloff, Peter Lorre, Brenda Marshall, Kathrin Hepburn, Walter Houston, Maria Montez, Joan Hall und Merle Oberon. Am Ende des Krieges wurde Turhan Bey zum Militärdienst einberufen. Als er nach 18 Monaten zurückkam, hatte sich viel verändert. Die Universal Studios waren verkauft worden und die familiäre Atmosphäre, die dort geherrscht hatte, verflogen.

Turhans Vertrag wurde, nachdem er eine Rolle abgelehnt hatte, an die Eagle-Lion Studios weiterverkauft. Auch hier drehte er noch eine beträchtliche Anzahl von Filmen, bis er von einem Tag auf den anderen beschloss, seine Karriere abzubrechen und in das Land zurückzukehren, aus dem er mit Mutter und Großmutter zehn Jahre zuvor geflohen war. In Wien wurden sie, wie alle Emigranten, nicht mit offenen Armen empfangen: Ihr Haus war arisiert worden und die „Arier“ dachten nicht daran, es seinen Besitzern zurückzugeben. Es dauerte einige Zeit, bis die Familie Bey wieder über das verfügen konnte, was ihr gehörte. Von nun an spielte das Leben Turhans in Wien; er kehrte wohl noch für einige Fernsehrollen in die USA zurück, doch sein Hauptwohnsitz blieb Wien. Er erwarb einige Kinos – und blieb auf diese Art seinem Beruf irgendwie doch noch treu – und ging fortan seiner alten Leidenschaft, dem Fotografieren nach. Landschaften und schöne Frauen waren und blieben seine Lieblingssujets.

Er war ein außerordentlich begabter Erzähler und seine Geschichten über Tee bei Einstein, rauschende Hollywoodpartys oder Persönlichkeiten wie Errol Flynn, Peter Lorre, Lana Turner und Kathrin Hepburn nahmen einen unweigerlich gefangen. Die Selbstironie, der feine Humor und die Leichtigkeit, mit der er über sein Leben sprach, das ihm – seiner Aussage nach – so viel in den Schoß gelegt hat, haben einen sofort mitgerissen. Abgesehen von den köstlichen Anekdoten, die er hinreißend erzählen konnte, war das Erstaunliche an seinem Charakter und seinem Lebensweg die Schwerelosigkeit, mit der er Dinge, um die andere gekämpft hätten, so leicht wieder aus der Hand legen ließ. Loszulassen schien für ihn eine Selbstverständlichkeit zu sein, und so bezeichnete er sich froh als bindungslos und daher ohne Schutz vor der großen Einsamkeit. Sein Leben spielte sich in dem kleinen Haus in der Paradisgasse ab; seine Wohnung und sein Auto in Beverly Hills warteten auf ihn wohl vergeblich. Er zog Spaziergänge mit dem Hund oder die Arbeit in seinem zum Fotoatelier ausgebauten Dachboden vor.

Turhan Bey ist am 30 September 2012 verstorben. Der Stern der Urania, der ihm für sein Lebenswerk von der Leitung des LET’S CEE Film Festivals verliehen worden ist, wird demnächst in einem Wiener Museum ausgestellt.

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