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08. Mai 2012

100 JAHRE ESTNISCHER FILM

1912 wurde ein kurzer Film aufgenommen, auf dem ein Flugzeug über der Stadt Tartu zu sehen war. Der Flug der Utochkin ging zwar tragischerweise verloren, trotzdem markiert er den Beginn der estnischen Filmkunst.

100 Jahre später sind wir wie durch ein Wunder immer noch hier und feiern nun gemeinsam mit all unseren Freunden, Verbündeten und Mitverschwörern auf der ganzen Welt ein großartiges Jubiläum. Weshalb, wie durch ein Wunder? Nun, über einen Zeitraum von 15 Jahren (1932-1947) waren überhaupt keine Spielfilme bei uns gedreht worden – aus wirtschaftlichen, technischen, aber auch politischen Gründen. Und zu Sowjetzeiten hatte es der estnische Film ebenfalls nicht leicht, selbst wenn er schließlich durch die Gründung des nationalen Filmstudios Tallinfilm 1963 letztlich doch noch gerettet wurde. Die Kunst des Kompromisses bestimmte damals den Alltag und Plänkeleien mit der zentralistischen Führung und den Zensoren waren an der Tagesordnung.

Trotzdem wurden in den 1960er und 1970er Jahren Klassiker geschaffen. Gegen Ende dieser beiden Jahrzehnte tauchten nämlich jeweils neue und zukunftsorientierte Regisseure auf, deren Arbeiten bis heute überaus geschätzt werden. Als Tallinfilm, dieses fabrikähnliche Filmstudio, 1992 seine Pforten schließen musste, kam es vorübergehend zu Unsicherheit und Chaos. Kurzlebige Produktionsfirmen mit zweifelhaften Finanzierungskonzepten stellten Filme her, um schnelles Geld zu machen, aber nicht mehr. Die gesamte Struktur der estnischen Filmwirtschaft schrie nach einer Neuorganisation und die trat dann schließlich auch Schritt für Schritt ein. Irgendwie hatten wir es geschafft, uns durch diese raue See zu kämpfen und auf der bewegten Fahrt sogar einen kleinen Schatz lokaler (und manchmal internationaler) Erfolgsgeschichten zusammenzutragen. Mittlerweile freuen wir uns sogar darauf, den Herausforderungen der nächsten hundert Jahre ebenfalls die Stirn zu bieten.

Es ist uns eine große Freude als das heurige Schwerpunktland des LET‘S CEE Film Festivals in Wien ausgewählt worden zu sein und so die Möglichkeit zu bekommen, gemeinsam mit der Estnischen Botschaft in Wien, drei herausragende Werke der estnischen Filmkunst im Ausland Menschen vorzustellen, die vorher wahrscheinlich noch nie etwas davon gehört, geschweige denn gesehen haben. Georgica, The Idiot und Disco and Atomic War sind sicherlich Filme, auf die wir stolz sein können. Ich hoffe sehr, dass Sie unsere Auswahl in all ihrer Traurigkeit und Freude mögen und sich so ein kleines Stück von ihr als Erinnerung an unsere Kultur bewahren werden.

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